Auch als Nachfolgergeneration wollen wir das Unternehmen prägen

Nachfolgergeneration

Ein Gespräch mit Hannes Gamper, Geschäftsführer Tiroler Goldschmied GmbH über die Nachfolgergeneration

Mit einem Generationswechsel in Familienunternehmen gehen oftmals auch Internationalisierungsinitiativen und/oder Innovationsvorhaben einher. Das Muster lässt sich häufig bei erfolgreichen Familienunternehmen beobachten: Die Gründergeneration baut die langfristigen Kernkompetenzen auf, richtet das Unternehmen in seiner Marktnische aus und legt die Basis für den Erfolg auf dem Heimmarkt. Wenn die nächste oder übernächste Generation das Ruder übernimmt, wagt sie mit dem dann schon erfolgreichen und etablierten Unternehmen den Schritt über die Staatsgrenzen hinaus.*

(*Aus: «Radikal anders – Die DNA erfolgreicher Familienunternehmen» von Markus Weishaupt, 2015, Campus Verlag)

 

Ein tolles Beispiel für dieses Phänomen liefert das Unternehmen Tiroler Goldschmied aus Dorf Tirol in Südtirol. Bevor die Nachfolgergeneration im Jahr 2010 die Geschäfte von ihren Eltern übernahm, starteten die Geschwister ein innovatives Projekt. Im Atelier entstanden zu dieser Zeit diamantbesetzte Falkenhauben, um damit die arabische Welt zu erobern, wo die Falkenjagd immer noch stark gepflegt wird und Falkenhauben entsprechend nachgefragt sind. Der Tiroler Goldschmied schaffte es, sich eine Nische aufzubauen und eine ganze Region als Markt zu erschliessen. Seither ist das Unternehmen nicht nur mit den beliebten Falkenhauben, sondern auch mit seinen anderen Schmuckkollektionen in arabischen Ländern erfolgreich.

Sehr geehrter Herr Gamper, was hat Sie dazu bewogen, mit Ihrer zunächst sehr experimentellen Idee in neue Märkte aufzubrechen? Warum haben Sie den Zeitraum des Generationswechsels in Ihrem Familienbetrieb dafür genutzt?
Wir haben uns zu dieser Zeit vermehrt mit dem Thema Generationswechsel beschäftigt. Als ich merkte, dass alle meine Geschwister grosses Interesse an der Arbeit im Betrieb hatten, wurde mir klar, dass wir das Unternehmen gemeinsam in die Zukunft führen werden. Wir von der zweiten Generation hatten einen grossen Schaffensdrang und es war wichtig dieses lodernde Potenzial zu kanalisieren. Das schafften wir mit externer Unterstützung. Wir setzten uns intensiv mit der Frage auseinander, womit wir als nächste Generation das Unternehmen prägen wollen. Wir waren uns darin einig, dass wir uns als Ziel stecken unsere qualitativ hochwertige Arbeit über den Alpenraum hinaustragen wollten. So starteten wir eine Marktanalyse, die unter anderem den Jagdschmuck als damals sehr interessantes Geschäftsfeld herauskristallisierte. Ich begann mit dem Entwerfen von modernen Jagdschmuckkollektionen und wir waren in der Folge damit europaweit auf allen Jagdmessen präsent. In dieser Zeit holten wir uns sehr viel Know How zum Thema der Jagd ins Haus und konnten in diesem etwas verschlafenen Markt bereits tolle Akzente setzen. Die Falknerei war ein Teil dieses Nischenmarktes dar, mit der wir uns nach und nach etwas intensiver auseinandersetzten. Und so entstand durch etwas Zufall die Idee der Falkenhauben. Nachdem wir es anfangs gar nicht mal so ernst meinten, erkannten wir schnell, dass es grosse technische Fertigkeiten braucht, um Falkenhauben besetzt mit Diamanten so zu fertigen, dass sie auch anwendbar sind. Wir sahen darin grosses Potenzial und haben innerhalb eines Jahres ein Produkt daraus entwickelt. Wir feierten dann Premiere auf der grössten Jagd- und Falknerei-Messe in Abu Dhabi. Dies hatten wir geschaffen mit dem Innovationsgeist der neuen Generation. Wir hatten uns gefragt, was können wir als zweite Generation in unserer Zeit für die Weiterentwicklung des Unternehmens beitragen. Das gesteckte Ziel eine Internationalisierung über den Alpenraum hinaus anzustreben hatten wir somit erreicht. Für uns war es ein kleines Abenteuer und es war nur möglich, da unsere Eltern ein stabiles, erfolgreiches Unternehmen als Grundlage aufgebaut hatten. Für uns war dies dann auch der Startschuss für den Generationswechsel. Mit der Internationalisierung und dem Innovationsdrang der nächsten Generation änderten sich unser Geschäftsmodell, unsere Abläufe und die Kommunikation zu Kunden und Partnern. Das bedeutete eine grosse Veränderung.

Welche Reaktionen haben Ihre neuen Ideen bei der Seniorgeneration hervorgerufen?
Natürlich gab es anfangs Zweifel von Seiten unserer Eltern. Das Eintreten in neue Kulturen und Gepfl Gepflogenheiten fällt unserer Generation naturgemäss leichter. Unsere Eltern hätten diesen Schritt alleine nie gemacht, das sagen sie auch selbst. Aber zwischen den Generationen besteht bei uns seit jeher ein Grundvertrauen, welches dann auch solche Abenteuer möglich macht. Die wenigen Ängste die es gab, kamen durch dieses Vertrauen nie richtig auf. Unsere Eltern gaben uns die notwendige Freiheit die wir brauchten. Auf der anderen Seite agierten wir nie leichtsinnig oder unüberlegt. Es gab nie die Gefahr in ein Fass ohne Boden zu fallen. Wir hatten uns klare Ziele gesetzt, auch finanziell. Und so war immer klar wie weit wir gehen konnten. Das gab unseren Eltern viel Ruhe und Gelassenheit. Alle waren immer auf demselben Informationsstand und wir haben alle Entscheidungen gemeinsam abgestimmt. So standen unsere Eltern immer hinter uns und unserem Projekt. Gegenseitiges Vertrauen und ein starker Zusammenhalt in der Familie sind ausschlaggebend. So wäre es schlussendlich auch kein Drama gewesen, wenn unser neues Produkt nicht angekommen wäre. Aber Gott sei Dank hatten wir den richtigen Riecher
und es hat sich ausgezahlt.

Als Nachfolger im Familienunternehmen ist es eine grosse Herausforderung die richtige Balance zu finden zwischen dem Bewahren von Altem und dem Einbringen von Neuem. Welche Erfahrungen haben Sie bei der Nachfolge im eigenen Betrieb gemacht? Welche Tipps können Sie anderen Nachfolgern geben?
Der Tradition verbunden und der Innovation verpflichtet. Das ist mein Credo in diesem Zusammenhang. Wie schon eingangs gesagt, haben wir uns als Nachfolger intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, was wir in unserer Zeit zur Weiterentwicklung des Unternehmens beitragen können. Sich seiner Wurzeln bewusst zu sein ist ungemein wichtig. Und um erfolgreich zu bleiben, ist es unvermeidlich im wieder Neuerungen und Innovationen zu verfolgen. Dabei ist jede Generation in ihrer Weise innovativ. Auch bei unseren Eltern war Innovation und Fortschritt immer das Hauptthema. Die verschiedenen Generationen sind eben abhängig von der jeweiligen Situation die sich bietet und der Zeit in der sie leben. Somit kann ich für unseren Betrieb sagen, dass wir mit unserem stetigen Innovationsgeist eigentlich einem Grundpfeiler unserer Kultur treu bleiben. Unsere Familie ist der Motor, der das Unternehmen immer weiter zu neuen Zielen treibt. Der Tatendrang der Jungen und die Erfahrung der Eltern sind die ideale Erfolgskombination. An andere Nachfolger kann ich deshalb folgende drei Tipps weitergeben:
1. Setzt euch mit dem Thema Generationswechsel intensiv auseinander. Jedes Familienmitglied hat unterschiedliche Anforderungen und einen individuellen Zugang zum Unternehmen. Es ist wichtig darauf einzugehen, um dadurch die individuellen Stärken herauszuarbeiten und Kompetenzfelder definieren zu können.
2. Managt die Familie. In der Familie passieren laufend Dinge, die Einfluss auf das Unternehmen haben. Auch das muss ein laufender Prozess, ein ständiges Anpassen sein.
3. Habt keine Angst Neues zu machen. Setzt euch Ziele und verfolgt sie. Achtet dabei auf Transparenz und Kommunikation in der Familie, damit ihr als Familie immer geschlossen
hinter euren Entscheidungen steht.

Das Gespräch wurde von Armin Rainer für ManagementLetter geführt.